El Nino und die Sonnenfinsternis Peru (1994)

Von Eckehard Schmidt

Am Donnerstag, den 3. November 1994, sollte über dem Pazifischen Ozean beginnend, über Südamerika und dem Südatlantik, eine totale Sonnenfinsternis stattfinden. Die Bewohner von Peru, Bolivien, Chile, Paraguay, Argentinien und Brasilien sollten ihre Sonnenfinsternis erleben und wir mit ihnen.

Verbunden mit diesem Erlebnis sollte eine Drei-Länder-Reise durch Peru, Bolivien und Chile sein. Uns erschien es aufgrund der umfassenden Reiseroute sinnvoll, auf der peruanischen Hochebene zwischen Arequipa und Mollendo dem Ereignis entgegen zu fiebern.

Der Tag der Sonnenfinsternis

Ganz genau wußten wir es nicht im voraus, wie sehr der El Nino unsere Beobachtungen beschränken wird. Wir trafen uns am 17.9.1994 zu einem Vorbereitungstreffen in Nürnberg, um über die optimale Route zu entscheiden. Hans-Dieter Stenger hatte uns mit seinem Computerprogramm mögliche Beobachtungsstandorte berechnen lassen und ausgedruckt mitgegeben gehabt. Während die meisten der auf über zehntausend geschätzten ausländischen Finsternisbeobachter sich in den nördlichsten Ausläufern der Atacama-Wüste aufhielten, um pessimistischen Wetterprognosen in anderen Gebieten zu entgehen, zogen wir es vor, auf der Hochebene vor Arequipa, Peru, zu bleiben.

Arequipa selbst ist eine sehr schöne, im Altstadtbereich im spanischen Kolonialstil errichtete Stadt. Noch am Tag vor der Sonnenfinsternis hatten wir das Observatorium des geophysikalischen Instituts der Universität von San Agustin in Arequipa besucht, wo man uns Erdbebenmeßinstrumente und den Sonnenschein registrierende Einrichtungen vorstellte. Überwiegend schien an diesem Vortag die Sonne und wir machten uns Hoffnung auf die Sichtbarkeit der Finsternis.

Arequipa lag am nördlichen Rand dieser Totalitätszone, wo die Finsternis nur wenige Sekunden dauerte. Deshalb sah unser Plan vor, in einer zweistündigen Busfahrt in Richtung Zentrallinie zu fahren.

Am Tag der Finsternis brachen wir früh morgens bei Dunkelheit auf. Es war nicht wolkenfrei, aber etliche Sternbilder wie das Kreuz des Südens waren zu beobachten. Doch je heller es wurde und der Tag sich zeigte, desto mehr Wolken zogen auf, bis schließlich eine geschlossene Wolkendecke herrschte.

Wir beratschlagten und entschlossen uns, Alternativstrecken zu fahren, um eventuell ein Wolkenloch zu entdecken. Doch vergeblich. Der Zeitpunkt der Finsternis rückte immer näher und wir gaben auf weiterzusuchen. Wir hielten am Straßenrand, wo bereits einige Einheimische standen, offenbar ebenfalls in Erwartung der Finsternis. Wir waren mit dem Aufbau unserer Fotoausrüstung noch nicht fertig, als aus von der anderen Straßenseite Soldaten erschienen und uns aufforderten weiterzufahren – erst da begriffen war, das wir an einer kleinen Kaserne angehalten hatten und das Militär die Sonnenfinsternisbeobachter möglicherweise für Spione hielten. Nach einigen Kilometern Weiterfahrt begannen wir zum zweitenmal unsere Ausrüstung aufzubauen. Das Wetter war nicht besser geworden, so daß wir durch die Wolken hindurch nur wenig von der partiellen Phase und bei der Totalität die Korona nur Ansatzweise sehen konnten.

Wir hatten erwartet gehabt, dass die Sonne in einer Zeit der „ruhigen“ Sonne annähernd gleichförmig rund ist, weil sie im Zuge der geringen Aktivität weitgehend gleichmäßig aufgeheizt wird. So war es denn auch, wir sahen uns die Fotos am nächsten Tag in der Tagespresse an.

Die Nürnberger und Karlsruher Sonnenfinsternisexpedition

Was lag näher, als im Land des Sonnenvolkes dem großartigen Naturschauspiel einer totalen Sonnenfinsternis beizuwohnen und dabei auch die Geheimnisse der Hochkulturen – auch im geographischen Sinne wörtlich zu verstehen – zu erkunden.

Die Nürnberger Expedition, und da es eine gemeinsame Fahrt mit dem in Karlsruhe ansässigen Unternehmen EURAM, Hr. Gund, war, auch mit Teilnehmern aus Karlsruhe, bewegte sich die Expedition zwischen der „Erde“ in Form der kuriosen Küstenwüste Perus und dem „Himmel“ d.h. den Andenhöhen auf den Spuren der alten Völker und der spanischen Konquistadoren.

Peru

In Lima, der Hauptstadt Perus, nahmen wir Verbindung mit der dortigen Volkssternwarte auf. In dem angeschlossenen Planetarium führte man uns im selbstgebauten Projektionsgerät in den südlichen Sternbilderhimmel und die anstehende Sonnenfinsternis ein. Wir nahmen den Eindruck mit nach Hause, daß einige wenige aktive Amateurastronomen hier sehr gute Arbeit leisteten! Wir fuhren nach Süden zum Vogelparadies von Paracas, wo mit die ältesten Kulturfunde Amerikas gemacht wurden. Über Nazca und den noch immer nicht schlüssig gedeuteten Scharrbildern flogen wir mit kleinen Propellermaschinen hinweg und bestaunten wie pointiert die Figuren modelliert waren. Die reizvolle Kolonialstadt Arequipa war der Ausgangspunkt unserer Sonnenfinsternisexkursion.

Nach der damit verbundenen Reisepause ging es per Flugzeug weiter in die Welt der Fünftausender. Cuzco, die einstige Hauptstadt des Inkareiches und eine der schönsten Kolonialstädte Amerikas, diente als Standort für Ausflüge in das Heilige Tal der Inkas und zum mystischen Machu Picchu. Die Andenbahn fuhr uns dann auf einer atemberaubenden Fahrt durch die majestätische Bergwelt weiter an den Titicacasee, dessen Urbevölkerung auf ihren Inseln per Boot besucht wurden. Eine Fahrt führte am Westufer des höchstgelegenen schiffbaren Gewässers der Erde entlang nach Copacabana, dem religiösen Zentrum der Hochland-Indios, von wo aus auf einem beeindruckenden Schiffsausflug die Sonneninsel erreicht wurde.

Bolivien

Am Titicacasee schließlich lernten wir noch den Erbauer von Thor Heyerdahl Floß kennen. Weiterfahrt nach La Paz, der Hauptstadt Boliviens und höchstgelegenen Hauptstadt der Erde. Von der unvergesslichen Kulisse der schneebedeckten Königskordillere erhebt sich die weitläufige Tempelanlage von Tiahuanaco mit dem berühmten Sonnentor, die koloniale Altstadt von La Paz und das nahe Mondtal mit seinen skurilen Felsformationen.

Anschließend teilte sich die Reisegruppe. Ein Teil flog nach Deutschland zurück, der andere Teil reiste weiter durch Südamerika.

In Bolivien standen noch die bezaubernden Kolonialorte Sucre und Potosi (Besichtigung eines Bergwerks) auf dem Reiseprogramm sowie die Durchquerung der riesigen Salzwüste von Uyani mit ihren Geysiren und Lagunen und letztendlich die Überquerung des Andenkammes. Ein unvergeßliches Erlebnis!

Chile

In Chiles Norden geht es weiter auf den Spuren der Inkas und Spaniern in einem von Wüste und Bergen bestimmten Naturrahmen. San Pedro de Atacama und eine Fahrt zum Geysir El Tatio standen auf dem Programm. Die Kupfermine von Chuquikamata und eine Stadtrundfahrt in Antofagasta folgten, bevor uns der Überlandbus in einer Nachtfahrt nach La Serena brachte. Dort besuchten wir die Europäische Südsternwarte von La Silla.

Ein Tagesausflug in das Elqui-Tal brachte uns einen tieferen Einblick in den Weinanbau und die Herstellung des Piscos, den wir im Original im peruanischen Ort Pisco kennengelernt hatten und wir hörten von der wirtschaftlichen Konkurrenz, den die Chilenen ausüben, um ihren Pisco zu verkaufen, in dem sie einfach einen Ort im Elqui-Tal in Pisco umtauften. Im Elqui-Tal erfuhren wir mehr über das Leben und Wirken der Literaturnobelpreisträgerin Margarete Mistral, die hier geboren wurde, hier aufwuchs und Lehrerin wurde, bevor sie sich ausschließlich der Schriftstellerei widmete.

Ihren Abschluss fand die Reise durch einen Abstecher nach Santiago de Chile und einen Besuch der Küstenstädte Vina del Mar und Valparaiso.

Literatur
Schmidt, Eckehard: Südamerika im Zeichen der Sonnenfinsternis am 3. November 1994, in Regiomontanusbote – Zeitschrift der Nürnberger Astronomischen Arbeitsgemeinschaft e.V., 4 / 1994, Seite 33-35.